Konfliktlösung am Arbeitsplatz: Methoden & Strategien

Zuletzt aktualisiert:
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2021
7.1.21
9/11/2022
9/11/2022
Minuten Lesedauer
Luisa Spardel
Recruitee
Konflikte am Arbeitsplatz sind kaum zu vermeiden. Mit den richtigen Strategien zur Konfliktlösung können sie aber erfolgreich gelöst werden.
Inhalt

Wo Menschen zusammen arbeiten, wird es immer wieder Reibungsflächen geben. In einer Gruppe gibt es Rangordnungen, nicht jede*r kann den*die anderen gut riechen und dann können noch Missverständnisse entstehen. Kein Unternehmen kann sich eine perfekte Harmonie auf die Fahne schreiben, dagegen spricht einfach unsere menschliche Natur. Aber das bedeutet nicht, dass Sie Konflikte einfach hinnehmen müssen.

Es gibt Möglichkeiten, Konflikte schon sehr früh zu erkennen und einzugreifen. Und selbst wenn es bereits eine Auseinandersetzung zwischen Mitarbeiter*innen gibt, können Sie versuchen, die Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Schließlich kann Ihr Unternehmen Strategien zur Konfliktvermeidung entwickeln. Viele Bewerber*innen wollen heute wissen, wie eine Firma mit Konflikten umgeht, bevor sie eine Stelle antreten. Somit sind Ihre Konfliktlösungsstrategien auch ein Teil des erfolgreichen Employer Brandings.

Wie teuer ungelöste Konflikte sein können, hat die Unternehmensberatung KPMG in einer Studie versucht zu beziffern. Dabei errechnete jede*r zweite Befragte die Kosten durch verschleppte und gescheiterte Projekte auf bis zu 50.000 Euro pro Jahr, einige Befragte gaben sogar 500.000 Euro an.

Tarifkonflikte sind ebenso eine Störung im Unternehmensablauf, haben aber Ursachen, die nicht in der Mitarbeiter*innen-Führung liegen. Deshalb sollen sie hier nicht näher betrachtet werden.

teamkonflikte lösen checkliste

Anzeichen für Konflikte

Es kommt relativ selten vor, dass Konflikte aus dem Nichts ausbrechen. Meistens schwelen sie eine Zeitlang dahin, und wie bei einem Vulkan kommt es dann zu einer Eruption. Je früher Sie die Anzeichen erkennen und verstehen können, umso eher können Sie Schlimmeres verhindern. Sie sollten nicht unterschätzen, wie sehr Konflikte aus dem Ruder laufen können. Mitarbeiter*innen werden unzufrieden, die Produktivität sinkt, gute Mitarbeiter*innen verlassen das Unternehmen, weil sie die schlechte Stimmung nicht ertragen können.

Wenn Sie sehr eng mit Ihren Angestellten zusammenarbeiten, können Sie sich erst einmal auf Ihr Bauchgefühl verlassen. Falls Sie das Gefühl haben, dass etwas nicht stimmt, dann ist das meistens auch so. Wenn sich Beziehungen zwischen Kolleg*innen verändern, die bislang gut zusammengearbeitet haben, kann sich etwas zusammenbrauen. Wenn Sie sehen, dass die neue Mitarbeiterin auffallend oft alleine in der Kaffeeküche steht, sollte sie angesprochen werden.

Ungewöhnlich viele Krankheitstage sind ebenfalls ein Indikator dafür, dass etwas nicht in Ordnung ist (sofern keine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt). Wenn Mitarbeiter*innen weniger Stunden arbeiten als eigentlich vereinbart, später kommen oder früher gehen, kann die Ursache ein Konflikt in der Abteilung sein.

Wird in Teams gearbeitet, ist eine gute Stimmung innerhalb der Gruppe entscheidend für den Erfolg. Bei Konflikten werden Sie recht schnell sehen, dass die Performance leidet. So etwas kann zum Beispiel aus den KPIs oder anderen Mess-Parametern abgelesen werden.

Weitere Zeichen für Konflikte am Arbeitsplatz sind:

  • Anspannung und Nervosität
  • Gereiztheit
  • Distanzierung
  • Konzentration auf das unbedingt Notwendige
  • Aggressive Körpersprache
  • Desinteresse
  • Kündigungen
  • Beschwerden von Mitarbeiter*innen, Geschäftspartner*innen oder Kund*innen

Als Arbeitgeber*in sollten Sie nur bei Konflikten tätig werden, die den Arbeitsplatz und die Produktivität betreffen. Bei privaten Problemen zwischen Mitarbeiter*innen ist es besser, diese den Parteien zur Lösung zu überlassen, solange ihre Arbeit darunter nicht leidet.

Gründe für Konflikte

Die meisten Probleme zwischen Menschen in einem Unternehmen liegen in der Persönlichkeit der Angestellten und wie sie mit bestimmten Situationen umgehen. Dennoch können bestimmte Strukturen und Vorgänge in Ihrer Firma ein Auslöser sein. Wenn zum Beispiel jemand befördert wird, der nach Meinung der Kolleg*innen nicht qualifiziert, dafür aber bei den Vorgesetzten beliebt ist, kann das bei den ein oder anderen Mitarbeiter*innen schon zu einer offenen Ablehnung führen.

Es kann aber auch vorkommen, dass Sie ein Team haben, bei dem einfach die Persönlichkeiten nicht zusammenpassen. Ein Team braucht eine Führungsperson, aber nicht drei dominante Personen, die die meiste Zeit damit verbringen, die Leitung der Gruppe an sich zu reißen.

Jeder Mensch geht mit sich verändernden Situationen anders um. Bei Veränderungen im Unternehmen fühlen sich immer Mitarbeiter*innen vergessen oder vernachlässigt. Das kann dazu führen, dass es zu Konflikten mit ganzen Gruppen in Ihrer Firma kommen kann.

Im Arbeitsalltag entstehen Konflikte zwischen zwei Personen oder einer kleinen Gruppe. Die Ursachen können sein:

  • Übersteigertes Konkurrenzdenken
  • Unterschiedliche Vorstellungen über die Unternehmenskultur
  • Unterschiede in der Kultur, Alter oder Weltanschauung
  • Mobbing und Bullying
  • Überforderung und zu großer Druck
  • Gesundheitliche Gründe
  • Schwache Führung
  • Unklare Strukturen
  • Beziehungsprobleme

Es kann vorkommen, dass ein*e neue Mitarbeiter*in mehr Fachwissen hat als ein*e Kolleg*in, der*die bereits lange im Unternehmen ist. Der*Die Ältere verlangt Respekt vor der Erfahrung, der*die Jüngere sieht sich im Recht. Eine Kollegin kann frustriert sein, weil sie erneut nicht befördert wurde, sondern der weniger kompetente männliche Kollege. Die neuen Vorgaben für Verkaufszahlen sind unrealistisch, und die Abteilungsleitung gibt den Druck dann an die Untergebenen weiter, die frustriert sind. Und schließlich kann es in extremen Fällen zu Mobbing kommen, dessen Ursachen unterschiedlich sind, das aber eine große Gefahr für den Betriebsfrieden darstellen kann. Das umso mehr, wenn Führungspersonen am Mobbing oder Bullying beteiligt sind. Manche Mitarbeiter*innen machen Fehler und das bringt andere zur Weißglut. Hier hilft eine fest im Unternehmen verhaftete Fehlerkultur.

Methoden der Konfliktlösung

Je früher Sie einen Konflikt erkennen, umso größer sind die Chancen, ihn auch zu lösen und eine Eskalation zu vermeiden. Da Sie nicht überall im Unternehmen sein können, sollte unternehmensweit das Thema Konfliktlösung und -erkennung eine Rolle spielen. Wenn gewartet wird, bis die Führung eingreift, kann es bereits zu spät sein. Eine interne Konfliktlösungsstrategie sollte Teil der Unternehmenskultur sein. Sie zeigen damit sowohl nach innen als auch nach außen, wie wichtig Ihnen das Wohlbefinden der Belegschaft und die harmonische Zusammenarbeit sind.

1. Konfliktanalysegespräch

Bei einem Konfliktanalysegespräch werden Sie die Beteiligten einzeln einladen und mit ihnen über die Probleme, die sie untereinander, aber auch mit sich selbst haben, reden. Dabei werden Sie, wie bei fast allen Methoden zur Konfliktlösung, eine neutrale Position einnehmen. Es geht in dieser Analyse darum, so viele Fakten und Sichtweisen wie möglich zusammenzutragen, und nicht darum, wer Schuld hat und wer im Recht ist. Zur Konfliktanalyse gehört auch, dass Sie die Arbeitsbedingungen untersuchen, Strukturen überprüfen und die Personalakten durchlesen.

Sie können durch dieses Gespräch herausfinden, wie weit das Problem schon fortgeschritten ist und wie dringend eine Lösung gefunden werden muss. In vielen Fällen hilft das Gespräch bereits, weil die Konfliktparteien das Gefühl bekommen, gehört zu werden – und Dampf ablassen können. Als erste Maßnahmen können Sie immer versuchen, die Konfliktparteien voneinander zu trennen, räumlich oder zeitlich. Je nach Eskalationsstufe können Mitarbeiter*innen auch nach Hause geschickt werden. Manchmal kann es helfen, sie in unterschiedlichen Schichten unterzubringen.

2. Mediation als Konfliktlösung

Die Mediation ist die am weitesten verbreitete Methode zur Konfliktlösung. Nicht umsonst hat sie mittlerweile in der Rechtssprechung eine große Rolle eingenommen und ist in manchen Bereichen sogar vorgeschrieben. Bei der Mediation werden Sie versuchen, zwischen den beiden Parteien eine Lösung herbeizuführen. Die Mediation ist zielorientiert, sie soll ein Ergebnis bringen, das von allen Beteiligten akzeptiert wird. Die Vorschläge dafür können, müssen aber nicht von Ihnen als Mediator kommen. Eine Mediation kann von Vorgesetzten, Personalverantwortlichen oder anderen kompetenten Personen im Unternehmen durchgeführt werden. Es sollte eine zeitliche Vorgabe gemacht werden, um nicht in endlose Diskussionen verwickelt zu werden. Als Vertreter*in des Unternehmens sollten Sie das Ergebnis übrigens ebenfalls akzeptieren können.

Eine groß angelegte Studie von PwC, die das Konfliktmanagement in Unternehmen über einen langen Zeitraum beobachtete, sieht einen erfreulichen Trend zur Mediation. Die Bereitschaft, neben Verhandlungen auch eine Mediation einzuführen, verdoppelte sich bei den Befragten zwischen 2005 und 2015, nur das Schlichtungsverfahren wurde noch öfter verwendet. Seit 2008 gibt es übrigens die europäische Mediationsrichtlinie, die zunächst auf grenzüberschreitende Angelegenheiten ausgerichtet war. Sie schuf aber den Boden für weitere Vorschriften, unter anderem das deutsche Gesetz zur Mediation.

Zu den Regeln in einer Mediation gehören:

  • Ziele der Konfliktlösung schriftlich festhalten und unterschreiben
  • Jede Seite erläutert ihre Standpunkte, ohne unterbrochen zu werden
  • Der*Die Mediator*in kann Fragen stellen
  • Erwartungen an eine Lösung  abfragen
  • Aus Erwartungen Lösungsmöglichkeiten formulieren
  • Lösungen diskutieren
  • Bei einer Einigung diese ebenfalls schriftlich festhalten und unterschreiben lassen
  • Evaluierung der Einigung nach drei Monaten

3. Konfliktlösungs-Workshop

Ein Workshop zur Lösung von Konflikten bietet sich immer dann an, wenn mehrere Personen betroffen sind oder wenn Sie der Meinung sind, dass ein Team das Problem unter sich lösen kann. Der Begriff Workshop soll dabei nicht überstrapaziert werden. Es reicht aus, wenn die Konfliktparteien gemeinsam mit Kolleg*innen und eventuell externen Expert*innen versuchen, die Probleme und die Ursachen gemeinsam zu besprechen und eine Lösung zu finden. Vorgesetzte sollten dabei am besten außen vor bleiben, um die Gruppendynamik nicht zu beeinflussen. Der Workshop sollte aber mit einem Ergebnis beendet werden, das dann von der Führung angenommen wird.

4. Supervision

Wenn Sie feststellen, dass sich in einem Team Konflikte wegen der Arbeitsbedingungen oder der Zusammensetzung des Teams anbahnen können, ist Supervision eine gute Methode. Sie dient dazu, äußere Ursachen zu finden und zu versuchen, mit kleinen Veränderungen einer Eskalation zuvorzukommen. Sie können Schichtpläne neu schreiben, Schreibtische neu anordnen, Aufgaben anders verteilen und mit Ihrem Team über Optimierungen sprechen. Die Supervision hilft sehr gut, wenn die Konfliktursachen Frustration am Arbeitsplatz oder allgemeine Unzufriedenheit sind.

5. Sanktionen

In bestimmten Fällen wie bei Mobbing und bei handgreiflichen Auseinandersetzungen werden Sie Sanktionen aussprechen müssen. Sie haben als Arbeitgeber*in ein Fürsorgerecht, und wenn bestimmte Regeln und Vorschriften verletzt werden, müssen Sie handeln. Das kann von einer vorübergehenden Suspendierung bis zu einer fristlosen Kündigung reichen. Gerade beim Thema Mobbing ist eine Konfliktlösung meist nur durch die Entfernung des Mobbers aus dem Unternehmen möglich. Das sollte übrigens, im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten, so schnell wie möglich geschehen. Leider wird Mobbing noch immer in Unternehmen unterschätzt und nicht angesprochen.

6. Maßnahmen der Führung zur Konfliktlösung

Wenn es keine Aussicht auf eine Einigung gibt, Sie aber beide Angestellte gerne behalten möchten, können Sie sich überlegen, sie zum Beispiel räumlich zu trennen, ihnen andere Aufgaben zuzuteilen oder die Arbeitsbeziehung zu verändern. Das ist bei kleineren Firmen nicht immer möglich, aber mit etwas Kreativität lassen sich Lösungen finden. Eine kann das Homeoffice sein, bei dem die beiden Streithähne zu unterschiedlichen Zeiten ihre Office-Stunden absolvieren.

Prävention von Konflikten

Am besten ist es natürlich, wenn Konflikte so weit wie möglich vermieden oder schon früh beseitigt werden können. Dafür gibt es verschiedene Wege, unter anderem spielerische Ansätze. In einem Konfliktbewältigungs-Workshop lernen Angestellte, wie Konflikte entstehen und wie sie erkannt und gelöst werden können.

Spielerische Ansätze

Beim Unternehmenstheater bilden zum Beispiel Schauspieler*innen den Unternehmensalltag ab und beschreiben in darstellender Form auch Konflikte. Das kann in komödiantischer oder gar sarkastischer Art geschehen – jedenfalls hilft es den Zuschauer*innen, sich auch selbst mit neuen Arbeitssituationen identifizieren zu können.

Beim Improvisations-Theater werden die Zuschauer*innen sogar noch in die Aufführung eingebunden. Nicht mal die Schauspieler*innen wissen, was als Nächstes kommt, weil der Zufall Regie führt. Die Schauspieler*innen reagieren etwa auf zugerufene Stichwörter. Diese Art von Theater eröffnet spielerisch Handlungsalternativen.

Teambuilding

Je besser ein Team zusammenarbeitet, umso eher ist es in der Lage, bei einer schlechten Stimmung selbst einzugreifen. Solche Teambuildings sollten regelmäßig und in unterschiedlichen Formaten durchgeführt werden. Manchmal reicht es schon, das Team für einen halben Tag aus dem Arbeitsalltag zu nehmen. Eine beliebte Aktivität ist die Spaghetti-Challenge, bei der das Team aus Nudeln und etwas Tesafilm einen Turm bauen muss, auf dem ein schwerer Gegenstand ruht.

Andere Teambuilding-Maßnahmen schließen Wochenenden mit ein, bei denen die Gruppendynamik aus dem Arbeitsumfeld verändert wird und Hierarchien zumindest temporär aufgebrochen werden. Die Mitarbeiter*innen lernen dabei, Probleme gemeinsam zu lösen. Bisweilen können hier auch unterschwellige Konflikte hervortreten, die dann in einer neutralen Workshop-Umgebung besprochen werden können, bevor sie den Arbeitsplatz erreichen.

Checkliste für die Konfliktlösung im Unternehmen

  1. Schaffen Sie ein Bewusstsein für Konflikte. Dazu gehören Konflikt-Workshops und die Benennung von Konfliktlösungs-Beauftragten. Diese können Mediationen durchführen,  sollen aber zunächst eine Anlaufstelle für Konflikte sein.
  2. Binden Sie die Führung in die Konfliktlösungsmethoden mit ein.
  3. Konfliktlösung ist eine Aufgabe, die gemeinsam am besten gelöst werden kann. Versuchen Sie, Ihre Mitarbeiter*innen zu motivieren, zunächst im Team Probleme anzusprechen und zu lösen.
  4. Führen Sie Gespräche mit den Konfliktparteien und holen Sie weitere Informationen ein, zum  Beispiel wenn es um Beschuldigungen geht und Zeug*innen gebraucht werden.
  5. Greifen Sie bei Handgreiflichkeiten, sexueller Belästigung und Mobbing sofort ein und hart durch.  
  6. Bieten Sie ein Mediationsverfahren an, und erläutern Sie den Beteiligten genau die Regeln.
  7. Alternativ kann der Konflikt in einem Gruppenworkshop gelöst werden.
  8. Verpflichten Sie alle Parteien, die Konfliktlösung zu unterschreiben.
  9. Bieten Sie Programme zur Konfliktprävention und -bewältigung an.

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